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Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!
Silvester ist für viele Hundehalter ein wahrer Albtraum. Sehr viele Hunde entwickeln im Laufe ihres Lebens eine große Angst vor der Silvesternacht – einige bringen die Angst auch von Anfang an mit. Zittern, hecheln, sich verkriechen oder starke Unruhe bis hin zu unkontrolliertem Kot- und Urinabsatz sind keine Seltenheit.
Aber welche Möglichkeiten gibt es, unseren vierbeinigen Freunden etwas Abhilfe zu schaffen?
Wichtig ist es erst einmal, die Angst des Hundes zu verstehen. Wenn uns etwas gruselt haben wir in der Regel das Bedürfnis, Distanz zu dem furchtauslösenden Objekt zu schaffen – und den Hunden geht es nicht anders. Nun ist es aber so, dass Hunde die Knallerei nicht orten und dadurch dem auslösenden Reiz nicht aus dem Weg gehen können und so wird aus der Furcht die Angst.
Während der Hund bei der Furcht immer noch Strategien (Flucht oder Kampf) nutzen könnte, um der Situation zu entgehen, so bleibt dem Vierbeiner bei der Silvesterangst nichts anderes übrig als sich der Situation zu ergeben. Umso älter der Hund, umso eingeschränkter die Sinnesorgane und umso schwieriger wird es für den Hund, die Reize an Silvester zuzuordnen. Dies erklärt neben dem situationsbezogenen Lernen, warum sich häufig Jahr für Jahr die Angst an Silvester steigert.
Hinzu kommt, dass durch die Weihnachtszeit der Stresspegel des Hundes ohnehin schon etwas angehoben ist. Den Verlauf des Stresspegels kann man sich ähnlich vorstellen wie eine Regentonne. Bestenfalls tropft nur so viel Stress hinein, wie auch wieder verdunsten bzw. abgebaut werden kann.
Sobald aber ein gewisser (Stress-)Spiegel in der Tonne vorhanden ist, tropft der Stress schneller weiter hinein als er verdunsten (abgebaut) werden kann. Jeder weitere Tropfen, der im normalen Alltag eigentlich relativ entspannt aufgenommen wurde, kann nun das Fass zum Überlaufen bringen. Reize, die bisher völlig in Ordnung waren können nun starke Reaktionen hervor rufen.
Nun schauen wir uns einmal die Weihnachtszeit an: häufig Besuch von wuseligen Kindern, tätschelnden Omas und Opas, ein ungewohntes, glitzerndes Ding im Wohnzimmer, Herrchen und Frauchen haben Urlaub, ständig tolle Gerüche, der normale geregelte Tagesablauf ist etwas durcheinander und ungewohnte Emotionen werden wahrgenommen. Das ist bereits Stress pur für die meisten Hunde und die Stresstonne ist nun nach Weihnachten eh schon mindestens halb voll. Insgesamt gibt es mal hier und dort zwischen den Jahren einen Knall und so langsam wird die Tonne immer voller und voller – nebenbei kündigen diese Erlebnisse Jahr für Jahr mehr… den angstauslösenden Jahreswechsel an.
Zu keiner Zeit im Jahr häufen sich die Meldungen über verloren gegangene Hunde so sehr wie zwischen den Jahren und vor allem an Silvester. Selbst Besitzer von nach außen hin entspannt wirkenden Hunde stehen auf einmal alleine am Waldesrand.
Es ist unbedingt nötig, Hunde schon an den Tagen vor Silvester zu sichern. Zur Angst neigende Hunde sollten sogar doppelt gesichert werden (Halsband und Geschirr oder Sicherheitsgeschirr (für weitere Infos zum Produkt bitte Bild anklicken)), um ein Herausschlüpfen aus Halsband oder Geschirr in großer Panik zu vermeiden.
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Öfters höre ich von Kunden, die ihre Hunde in der Silvesternacht alleine lassen. „Er verkriecht sich eh im Badezimmer“ vernimmt man dazu immer wieder. Oder Dinge wie „es ist doch nur ein Hund“ – für manch einen ist es nur ein Hund, aber dennoch ist es ein Lebewesen das wahnsinnige Angst empfinden kann. Wir haben uns den Vierbeiner als Sozialpartner ins Haus geholt – also sollten wir auch für das Tier da sein – selbst wenn es uns an Silvester unbequem erscheint.
In vielen Büchern liest man noch heute, dass man Angst bei Tieren ignorieren sollte, da sich sie sich ansonsten steigert. Stellen wir uns vor, wir sind in einer Situation in der wir uns unsicher oder ängstlich fühlen. Bei mir ist dies zum Beispiel der Fall, wenn ich mit meinem Auto zwischen zwei LKW durchfahren muss. Wenn mir jemand jedes Mal in dieser Situation eine leckere Süßigkeit oder Zuneigung schenkt – wird meine Angst dadurch schlimmer? Ganz sicher nicht – ganz im Gegenteil. Und ein Hund empfindet es natürlich nicht anders.
Mittlerweile kann man aber ganz klar gegenteilig durch Forschungen nachweisen, dass Körperkontakt und Blickkontakt zwischen Mensch und Hund das Bindungshormon Oxytocin ausschütten lässt. Oxytocin senkt den Stresspegel!!
Ansonsten gibt es ein paar weitere Punkte, um auf den Stresspegel einzuwirken:
Herz, Rind und Innereien enthalten Phenylalanin und diese Aminosäure wirkt stimmungsaufhellend.
Serotonin wirkt stimmungsaufhellend und beruhigend. Serotonin wird aus L- Tryptophan gebildet. In diesem Fall ist es empfehlenswert auf einen hohen Maisanteil im Futter zu verzichten, da Mais Tyrosin, den Gegenspieler von L- Tryptophan enthält. Die essenzielle Aminosäure L- Tryptophan kann dem Körper auch zusätzlich direkt hinzu gefügt werden, um den Serotoninspiegel zu erhöhen. Ansonsten unterstützen auch die B- Vitamine den Aufbau von Serotonin.
Das Peptid Alpha- Casozepin (in Kuhmilch enthalten) ist eine Art natürliches Beruhigungsmittel und wirkt angstlösend. Es ist als Zylkene im Handel erhältlich.
Das Nahrungsergänzungsmittel Calmex enthält alle hier genannten Bestandteile (außer das Peptid Alpha- Casozepin, was mit dem Produkt Zylkene zu erwerben ist) und wirkt gezielt gegen Angst und Stress. Auch die Adaptil Tabletten sind ein weit verbreitetes Nahrungsergänzungsmittel gegen Stress und Angst bei Hunden (für weitere Infos zu den Produkten bitte Bilder anklicken).
Desensibilisierung und Gegenkonditionierung sind die zwei Zauberwörter die wohl am häufigsten bei Problemen mit Silvesterangst genannt werden.
Unter Desensibilisierung wird die langsame Gewöhnung an einen Reiz verstanden. Der Hund wird diesem Reiz mit sehr viel Fingerspitzengefühl in geringer, gut erträglicher, nicht angst- oder furchtauslösender Dosis ausgesetzt. Der Reiz wird nun sehr langsam gesteigert. Durch die schrittweise Annäherung wird eine Gewöhnung erreicht. Wichtig hierbei ist, dass der Reiz bei Anzeichen von Unruhe oder Anspannung sofort wieder zurückgefahren wird und, dass er dem Hund niemals direkt in angst- oder furchteinflößender Dosis verabreicht wird – was bei manchen Problemen nicht möglich ist, bzw. für Silvester eine sehr lange Vorlaufzeit voraussetzt.
Bei der Desensibilisierung im Silvesterfall ist zu beachten, dass Lichtreflexe, die oben genannten Stressauslöser, etc. auch eine wichtige Rolle spielen. Ebenso ein orten können des reizauslösenden Objektes (CD Spieler bei der Desensibilisierung über eine Geräusch CD) würde den Erfolg der Desensibilisierung schmälern, da wir hier wieder bei dem oben genannten Unterschied zwischen Furcht und Angst angekommen sind.
Gerade im Fall bzw. zum Vorbeugen einer Silvesterangst ist deshalb eine Desensibilisierung eher in Kombination mit einer Gegenkonditionierung empfehlenswert. Eine Gegenkonditionierung hat das Ziel eine negative Emotion durch eine positive zu ersetzen. Dies geschieht, in dem jedes Mal wenn der Reiz erscheint, etwas Positives wie zum Beispiel Futter hinzu gegeben wird. In diesem Fall würde es bedeuten, jeden Knall zum Beispiel zeitgleich mit einem Leckerli zu verbinden.
Bei noch neutralen Welpen und Junghunden ist eine Desensibilisierung in Kombination mit der Gegenkonditionierung eine gute Möglichkeit, einer Silvesterangst entgegen zu wirken.
Bei einer bereits bestehenden Silvesterangst (Hecheln, Unruhe, Sich-verkriechen, Zittern etc.) empfehle ich frühzeitig professionelle Hilfe bei einem Hundetrainer/ Verhaltenstherapeuten zu holen.
Beruhigung und Stimmungsübertragung sind zwei ganz wichtige Punkte. Am wichtigsten ist es für ein ruhiges Umfeld in der Silvesternacht zu sorgen. Herunter gelassene Rollläden, unter der Bettdecke eingekuschelt (wenn der Hund dies möchte!), mit ruhiger Musik im Hintergrund kann schon häufig einiges bewegt werden.
Ansonsten sind Autobahn, Autobahnraststätten und Flughafenhallen ein netter Aufenthaltsort für Hundehalter, die ihren Hunden die Knallerei ersparen möchten.
Bei schlimmen Fällen kann eine medikamentöse Unterstützung sehr sinnvoll sein.
Welches Präparat das richtige für Ihren Hund ist kann am besten Ihr behandelnder Tierarzt einschätzen.
SEHR WICHTIG ist es, sich kein Präparat mit dem Wirkstoff Acepromazin (Vetranquil, Sedalin, Calmivet, Prequillan) geben zu lassen. Dieser Wirkstoff schränkt zwar körperlich stark ein, Hunden bleibt aber Hörempfindlichkeit und Geist erhalten, was für den Hund unbeschreiblich grausam sein muss. Leider gibt es noch immer vereinzelt Tierärzte, die dies nicht wissen.
Es gibt aber einige Präparate, die für einen Hund mir starker Silvesterangst geeignet und sogar empfehlenswert sind um ihm die Qualen zu ersparen. Bitte besprechen Sie dies mit ihrem behandelnden Tierarzt!
Der Jahreswechsel ist eine Herausforderung für jeden Hundebesitzer.
Es ist empfehlenswert, Welpen und Junghunde so positiv wie möglich an die Silvesternacht heran zu führen und von Anfang an so gut wie möglich die genannten Punkte, vor allem die Gegenkonditionierung, die Unterstützung der Entspannung und auf eine positive Emotion zu achten, um die Entstehung einer Silvesterangst vorzubeugen.
Bei einer bereits bestehenden Angst sollte frühzeitig (bestenfalls schon Anfang des nächsten Jahres) Abhilfe durch eine ordentlich aufgebauten Desensibilisierung (eventuell in Kombination mit einer Gegenkonditionierung) geschaffen werden.
Für dieses Jahr ist es leider bereits zu spät, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Hier empfehle ich die Beachtung aller oben genannter Punkte und notfalls die rechtzeitige Konsultation eines Tierarztes zur Unterstützung durch ein entsprechendes Präparat.
Copyright by Sabrina Lohse, 6.12.2016
Ganzheitliche Verhaltenstherapie bei Hund und Katze, Gisela Bolbecher, Daniela Zurr, 2010
Fallbeispiele für Hundetrainer, Ziemer und Falke, Burkholder, 2015
Strodtbeck, 2014, (http://strodtbeck.de/blog/node-547dac2578bef.html)